Der Designer Alfredo Häberli verwandelt den Porsche 356 SC in eine Skulptur.
Wenn ein Kunstwerk, ein Möbelstück oder ein Sportwagen gelungen ist, dann wirkt das Ergebnis oft leicht, beinahe selbstverständlich. Man denkt unwillkürlich: «Na, das hätte ich auch hinbekommen!» Und doch ist es beinahe immer schwer, etwas Leichtes herzustellen. Bei seinem überaus spannenden Porsche 356 SC Art Car-Projekt, einer Zusammenarbeit mit dem Porsche Zentrum Zürich, spricht der Schweizer Industriedesigner treffend vom «Gewicht der Leichtigkeit». Sein Ziel war es, mit wenigen Mitteln viel auszulösen. Ob es ihm gelungen ist? Wir haben ihm bei einem Werkstattbesuch über die Schulter geschaut. Das Ergebnis können Sie an den folgenden Terminen bestaunen.
Wir befinden uns in Schlieren, im Porsche Zentrum Zürich, in einer grossen Halle in einem ausgedehnten Gebäudekomplex. Wir sind zu Besuch in der modern ausgestatteten Lackiererei. In hell ausgeleuchteten Kabinen werden hier Porsche Fahrzeuge aller Couleur von versierten Mitarbeitern im Hightech-Verfahren lackiert, ausgebessert und instandgesetzt. Und natürlich gibt es kaum einen Sonderwunsch, der von den Lack-Experten nicht erfüllt werden kann.
Und dann treffen wir auf einen konzentrierten, aber überaus gut gelaunten Alfredo Häberli, der zusammen mit seinem Assistenten Dominic Plüer einen Porsche 356 SC bemalt. Mit einem Pinsel. Wie ein Maler. Aber wer jetzt meint, Hightech und Pinsel, Porsche und Malerei passten nicht zusammen, der irrt. Denn was der Schweizer Industriedesigner erzeugt, ist eine ganz spezielle Kombination aus Hochtechnologie und Handwerk, aus Sportwagendesign und Kunst. Ein aussergewöhnliches Projekt, bei dem er vom gesamten Lack-Team des Porsche Zentrums unterstützt wird. Wenn Sie schon jetzt einmal ein Gespür für den Designer bekommen möchten, dann werfen Sie vorab doch gerne einen Blick in unsere speed questions.
In der Halle werden Autos rangiert, Tore geöffnet und geschlossen, Lüftungen aktiviert und Lackarbeiten ausgeführt. Es ist viel los hier. Mittendrin sind Alfredo Häberli und Dominic Plüer, aber sie lassen sich vom Trubel nicht stören. Als wären sie in einem Atelier, sind sie voll auf ihren Porsche 356 SC fokussiert. Das historische Fahrzeug von 1964 ist in seine Einzelteile zerlegt, vor uns steht die Karosserie ohne Türen, ohne Front- und Heckdeckel, auch die Lampen sind ausgebaut. Aber selbst «entkleidet» sieht der Klassiker wunderschön aus.
Alles ist sorgsam arrangiert. Mit unendlicher Geduld und minutiösem Finetuning kleben Häberli und Plüer die zu bemalenden Flächen mit speziellem dünnem Klebeband ab, prüfen und revidieren die über die Flächen des Autos gezogenen Linien. Ein weiteres Mal wird das 356 SCModell im Massstab 1:18 als Referenz herangezogen. Häberli beschreibt diesen intensiven Prozess: «Wir mussten mit dem Auge spüren und mit den Händen sehen – das war das Allerwichtigste. Wenn dies stimmte, dann konnten wir malen.»
Lange passiert beinahe nichts. Aber wenn die jeweilige Fläche endlich bemalt werden kann, ist keine Zeit mehr zu verlieren, denn der Lack darf nicht antrocknen, bevor die Fläche fertig bemalt ist. Der 5 Zentimeter breite Pinsel wird mit schnellem, aber sicherem Strich über das Blechteil gezogen. Häberli und Plüer tun das in konzentrierter Stille, vollziehen eine regelrechte Choreographie. Was dem Betrachter auffällt: Der Strich hinterlässt Spuren. Wie bei einem Gemälde. Der Pinselstrich ist als solcher erkennbar – und soll erkennbar sein. Wenn eine Fläche fertig ist, kommt die nächste dran. Ein Geduldsspiel. Aber ein äusserst faszinierendes.
Als Häberli an das Projekt heranging, versuchte er «nicht zu viel denken», sondern wollte «über die intuitiven Gefühle rangehen.» Denn wenn etwas Gefühle beim Betrachter (oder Fahrer) auslösen soll, dann muss es auch aus einem Gefühl heraus entstanden sein – und darf nicht allein dem Kopf entspringen. Und doch ist das nur die halbe Wahrheit. Denn Inspiration und Intuition sind schön und gut, aber die Umsetzung und Verwirklichung einer Idee ist oft auch sehr handwerklich – und mindestens ebenso anspruchsvoll. Weitere Gedankengänge zu diesem faszinierenden Projekt teilt Alfredo Häberli in einem Interview mit uns.
Warum Malerei? Warum nicht Lack, der mit modernen Mitteln aufgebracht werden kann? «Wir waren auf der Suche nach der unperfekten Vollkommenheit und wollten sichtbar machen, dass das Auto von Hand gemalt ist.» Dabei geht es Häberli auch um die Herausarbeitung der Form, der skulpturalen Qualität des Porsche 356 SC. Er wollte nicht «irgendein Kunstwerk auf ein Auto applizieren», sondern ein Art Car machen, das die ganz besonderen Formen der Karosserie unterstreicht.
Es verwundert deshalb nicht, dass die eingesetzten Farben zurückhaltend sind und das Auto nicht überlagern, vielmehr arbeiten sie die Formsprache auf subtile und elegante Weise heraus. So entsteht ein dreidimensionales Kunst-Objekt, das klassisch wirkt, zeitlos und poetisch. Eben wie eine Skulptur. Mit einem Unterschied: Sie ist nicht für das Museum und den Stillstand gemacht. Vielmehr wird sie auch nach der offiziellen Vorstellung im Porsche Zentrum Zürich am 1. April auf Events und bei Ausstellungen zu sehen sein. Sie haben also gute Chancen, dieses ganz besondere Exemplar live zu entdecken. Doch damit endet die Reise des außergewöhnlichen 365 noch nicht, denn im Dezember 2023 wird das Unikat als Krönung des Projekts von Koller Auktionen für einen guten Zweck im Rahmen einer Auktion versteigert. Ein Teil des dabei entstandenen Erlöses wird an die Kinderkrebshilfe Schweiz gespendet. Bis es soweit ist lohnt es sich auf jeden Fall, die Augen offenzuhalten und mit uns auf eine künstlerische Entdeckungs- und Zeitreise zu gehen.
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